Marbeck (mr). Sein gestriger Besuch in der Tischlerei Cluse wird Hans Rath noch lange in Erinnerung bleiben – und das nicht nur, weil er für den Präsident der Handwerkskammer Münster etwas ungewöhnlich startete. „In diesen Dimensionen habe ich Holz noch nicht gesehen“, staunte Rath, nachdem er seine beiden blutenden Finger verarztet hatte. Getrieben von „meiner Neugier“, wie Rath humorvoll anmerkte, hatte er das, was er sah, im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal begreifen wollen. Und dabei war es passiert: Der harmlos aussehende Bohrer, den er befühlte, war jene rasierklingenscharfe Kugelkopffräse, mit der Tischlermeister Thomas Cluse schlichtes Holz in manchmal schon künstlerische Arbeiten verwandelt.
Steinhauerarbeiten gleichende Büsten, ein hölzerner Globus, bis ins kleinste Detail gefräste Gesichtszüge eines jungen Mädchens, formvollendet gestaltete Gebrauchsgegenstände… Dimensionen, die einem traditionellen Handwerk ganz neue Perspektiven erschließen, wie Rath unterstrich. Nicht nur vom Design und der Perfektion der ausgestellten Gegenstände war Rath beeindruckt. Er ließ sich auch von der Leidenschaft des Marbecker Tischlermeisters anstecken, als dieser ihm die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der modernen Fünf-Achstechnik erläuterte. „Ich möchte Sie in unsere Akademie für Gestaltung einladen“, versuchte Rath den Marbecker am liebsten gleich zu verpflichten, jungen Handwerkern zu zeigen, was mit einer soliden handwerklichen Ausbildung und moderner Computertechnik alles möglich ist.
„Handwerk ohne Hightech ist wie Holz ohne Rinde“, lautet die Devise von Thomas Cluse, der den 1926 an der Engelradingstraße gegründeten Schreinerei-Betrieb nun in der dritten Generation führt. Er setzt dabei nicht auf Expansion, sondern auf Innovation. Mit vier Mitarbeitern, von denen einer schon für seinen Großvater gearbeitet hat, und unterstützt von seiner Frau Thia habe er sich ein Nische auf dem Markt erschlossen, in der handwerkliche Qualität von der Kundschaft erwünscht sei – und bezahlt werde. „Es muss rund laufen“, meinte Cluse zwar bezogen auf die Holzarbeiten, die in seiner Werkstatt eigentlich keine Ecken haben. Rund sei es mit diesen Produkten allerdings auch trotz Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr gelaufen.
Hans Rath, der pro Monat zwei Handwerksbetriebe besucht, „um das Ohr an der Basis zu haben“, wunderte es, bei dem, was er sah und hörte nicht. „Solche Inhaber geführten Betriebe wie dieser haben alle Chancen dieser Welt“, ermunterte er Cluse, seinen eingeschlagenen Weg weiter zu gehen – und vielleicht in der Akademie für Gestaltung andere darauf mit zu nehmen.
(Quelle: Borkener Zeitung 10/2010)
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